Ach, halt doch einfach die Fresse!

Mittwoch, 21. September 2011

Go fuck yourself: Immobilienmarkt Wien

Nein, es handelt sich bei "Immobilienmarkt Wien" nicht um einen internationalen Menschen, auch nicht um einen, der mich nonverbal empört hat!
Es handelt sich einfach um das personifizierte Böse!
Ja meine Damen und Herren, der Wiener Immobilienmarkt lebt nämlich! Und er spricht! Können Sie ihn nicht hören? Er sagt: "Leider kein Platz für arme Schmarotzer, pah!" und zeigt mir damit seinen imaginären Mittelfinger!

Wäre ich so zart besaitet, dass ich ein external kontrollüberzeugter Mensch wäre (running out of options), würde ich das als Zeichen von Gottes Hand interpretieren, die weiterhin ihren Schönen Schutz über mir ausbreitet, um zu sagen:
"Nein, du musst noch nicht zurück ins Leben, du post-annorektisches Hascherl! Leck dir lieber noch ein bisschen die Wunden und lass dich von Mutti betüddeln!"

Das (post-) annorektische Hascherl hat aber leider die Fresse langsam voll von Mutti. Nicht nur von Mutti sondern auch von allem anderen, was um Mutti so kreucht und fleucht!
Kenner bezeichnen diese Art Mensch gemein als "Wurstfachverkäuferin".
Um niemanden zu diskriminieren, verwende ich diesen Beruf aber nicht so negativ konnotiert. Ich sage einfach: Ich hab die Fresse voll vom Land- Gesocks!

Phlegmatismus, Lethargie und Prograstination in allen Ehren- die junge kreative Menschenseele schreit aber jetzt nach Futter!
Bitte nicht zu viel für den Anfang- nur mal vorsichtig den kleinen Zeh ins kalte Nass "Leben" strecken, um zu gucken, wie sich das so anfühlt, bisschen Schonkost für den sensiblen Magen.


Also suche ich nach einer eigenen Wohnung! Kann ja nicht so schwer sein, in meinem alten Bezirk eine für verschmerzliches Geld zu finden! Klar muss ich Abstriche machen in Zukunft, was das Einkaufen in Drogeriemärkten betrifft (vor allem die Vitaminregal hatten es mir ja in der Vergangenheit angetan: volleres Haar, bessere Haut, größere Lungen, stärkere Nägel, kleinere Nasen, purpurner Urin- was die Industrie uns nicht alles verspricht!)
Auch meinem Alkoholkonsum und den damit verbundenen Kleidereinkäufen jeden Freitagmittag könnte ich ohne weiteres (oder ohne Arbeit) nicht so einfach weiter frönen!

Aber was macht das schon? Immerhin hatte ich in meinem Schrank mehr als einen Jutesack und Alkohol sowieso zu viele Kalorien! Abgesehen mal davon, dass ich sowieso keine Freunde hätte, mit denen ich mich betrinken kann! Und wie ein Alkoholiker allein in meiner Bude zu hausen und mir den Tetrapack Billigwein hinter die Binde zu kippen, mit dem Kapitel war ich auch durch! Glücklicher macht sowas nich unbedingt, für alle diejenigen, die in Versuchung geraten, ihr Seelenheil im Hochprozentigen zu suchen.

Ich besuchte also im Laufe der lezten Wochen die einschlägigen Internetseiten für Wohnungssuchende. Abgesehen davon, dass in meinem alten Viertel eine übliche 30qm- Wohnung kalt cirka für 550 Ocken über den Tisch wandert, war ich hochmotiviert und optimistisch, was die (vielleicht doch vorhandene) göttliche Fügung betraf. Vielleicht meinte es ja einer gut mit mir und stellte mir ein Superschnäppchen zur Verfügung!

Ich hatte mir immerhin lange Gedanken darüber gemacht, wie meine künftige Bleibe aussehen sollte! Auf jeden Fall wollte ich in einem Altbau wohnen! Ich meine, wer in einer Stadt wie Wien in einem Neubau wohnt, der hat ja wohl doch irgendwas falsch gemacht! Beim Boden war ich da schon flexibler: es musste nicht unbedingt Fischgrätenparkett sein! Es reichte auch gewöhnliches!
So ging meine Wunschliste ewig weiter und ewig weiter suchte ich dann auch nach etwas passendem.

Haste gedacht- alles viel zu teuer!

Innerhalb von sieben Wochen hatte ich nur zweimal Glück in Anzeigen das zu finden, wonach ich eigentlich suchte!

Die erste Wohnung sollte 450 Euro kalt kosten! Ohne Provision! Perfekte Lage! Ich war also Feuer und Flamme und schickte eine Freundin (eine der wenigen, die ich noch hatte) zur Besichtigung! Während ich gedanklich schonmal den Wohnraum einrichtete, ich hatte ja immerhin Bilder davon gesehen, schaute sie sich das Übel in natura an!
Ich war gerade dabei meine e-Mail an den Makler zu verfassen, als das Handy klingelte!

"Hallo?"
-"Hey Süße, ich bins!"
"Und, wie is sie? Is sie gut?"
-"Mmh, ich will dir ja nichts ausreden- aber ich glaube..."

Das Ende vom Lied war, dass Aleks, so heisst die liebe Freundin übrigens, sich im Erdgeschoss eines Altbaus befand, der zwar wirklich gut gelegen war- dafür aber auch über die Rückstände eines riesengroßen Wasserschadens verfügte- wofür zahlte man sonst Miete, wenn nicht für kreative Wandbemalung?

"Außerdem willst du doch sicher nicht als Mädchen allein im Erdgeschoss leben?"

...wollte ich nicht? Wenn das das einzige Manko wäre, würde ich mich sicher damit arrangieren können!

"Und es sind auch noch Gitter vor den Fenstern- die Leute können dir reinschauen!"
Gut. Das Argument überzeugte mich!

Nach meiner ersten aktiven Bemühung um ein neues Zuhause für mich und meine Schimpfworte war ich zwar ein bisschen enttäuscht, beharrte aber auf dem Satz, den ich allen besorgt Dreinblickenden entgegnete:

"Es hätte mich mehr geärgert, wenn sie richtig gut gewesen wäre und jemand anderer sie genommen hätte!"

Ja, ich kämpfte nicht allein um einen Bettstellplatz. Das Wohnungsinserat war einen Tag online gewesen und zur Massenbesichtigung kamen 67 geladene Gäste. Kein Exklusivdinner für Reschen. Da musste man schon ein bisschen schmieren, wenn man seinem Glück auf die Sprünge helfen wollte. Schmieren wollte ich mit bis zu 500 Euro- lächerlich im Vergleich zu dem, was andere Leute bereit sind zu zahlen. Wie oben steht: ich bin ein armer Schmarotzer!

Nur ein bisschen betrübt setzte ich meine kleine Suche fort- langsam fing ja auch wirklich an, die Zeit zu drängen! Ich hatte gerade noch vierzehn Tage Zeit! Da hieß es wohl: Schluss mit dem faulen Gearsche jeden Tag!

Und als hätte Gott meine Gebete erhört, stellte ein kleiner Engel namens "Refax-Immobilien" meine Traumbehausung auf die Online-Plattformen!

31qm, 390 kalt, 2 MM Provision, 2 MM Kaution usw.!
Ich war Feuer und Flamme! Allerdings war es schon halb neun am Abend und da ruft man ja niemanden mehr an!
Also beschloss ich, am nächsten Morgen- also heute, extra früh aufzustehen, um in die Pötte zu kommen, was die Aktion "Ich will mein Leben zurück" anging!

Punkt neun Uhr wählte ich also die Nummer des Büros. Ich war euphorisch- fast auch ein bisschen ängstlich, weil ich dachte: "Ok, wenn du diese Wohnung jetzt bekommst, dann streckst du dir nich nur den kleinen Zeh zurück ins Leben, dann wirft dich ein Katapult mit voller Kraft rein!" Ja, das dachte ich und mir kribbelte es vor Vorfreude im Bauch!

"Na, die Wohnung is leider schon vergeben!"

Bitte wie?! Und schon wieder klatsch! Wenn das nicht auch der Beweis für die Existenz von "Leben" war- na ich weiss auch nich!

Das Leben is nämlich unfair! Anschienend hatte ich das vergessen!

Obwohl ich mich wirklich bemüht hatte mit dem Frühaufstehen und sofort anrufen, hatte mir doch jemand die Chance auf einen Neubeginn vor der Nase weggeschnappt!
Wenn man selbst dann doch keine Kompetenz hat, obwohl man sich so sehr um etwas bemüht und alles tut, um es zu bekommen, ohne dass  es am Ende klappt- was macht man dann? Doch an Fügung glauben?! Zuerst mal kommt das: Resignation!

Ich war also fünf Minuten gewillt meinem "Kriechimpuls" zu folgen und mich wieder hinter meiner Magersucht, meiner Sozialphobie zu verstecken! Aber was hätte das schon geändert?

Mir fiel der Unterrichtsinhalt von Klasse 12-13 Englisch LK ein. "You can reach everything if you just work hard enough" for it! Aha, der American Dream! Der flößte mir dann auch noch die letzte Kraft ein, um mich aufzuraffen, zum PC zu latschen und weiterzusuchen!
Damit ich selbst dran glaubte, begann ich zu singen: "Es is bestimmt heute noch ein Angebot da, es ist sicher ein Platz für dich in Wien!"

Ja, war aber kein Angebot da. Außer mein Vater überlegte es sich doch nochmal und überwies mir monatlich getrost 700 Euro mehr! Oder konnte ich ihn vielleicht von der Investition in eine schmucke Eigentumswohnung überzeugen?

Eher nicht!

"Muss es denn unbedingt eine Wohnung in diesem Bezirk sein?", fragte mich meiner Mutter. "Du könntest doch ein bisschen weiter außerhalb wohnen- da gibt es bestimmt was schönes Günstiges!"

"Ähm- not!"

Also kroch ich letztendlich doch niedergeschlagen zurück auf die Couch und plante mein Abendessen, während mich im Hintergrund monoton O.C. California beschallte. Bis gerade eben hatte ich noch nicht mal die Kraft, gebührend zu pöbeln. Lies mich lieber weiterhin vom asozialen Wohnungsmarkt penetrieren und schaute dabei untätig an die Decke! Den folgenden Satz sage ich nicht aus einem plötzlichen Gefühl von Empörung oder neu erweckter Aktivität,  sondern einfach, weil mir das Rumgejukel auf die Nerven geht und ich müde bin. Aus Mangel an Motivation füge ich mich aber dennoch, Gott- ich verabschiede mich also hiermit von meiner ewigen Blasphemie und lege mein Schicksal in deine Hand.

Also: Just go, fuck yourself Wiener Wohnungsmarkt!

Mama geht ins Zölibat.

Amen

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